Zeit sparen
vs Hand-arbeit

Folge 02

Wie es der Zufall so will, gibt es so diverse Erfindungen im Haushalt und Garten, die doch verdammt verlockend sind. Wenn wir also diesen sehr häufig vorkommenden Fall annehmen, Familie mit mehr als einem Kind, bestehen sehr hohe Chancen mindestens einmal pro Tag abwaschen zu dürfen. Alternativ geht natürlich auch, wie zu den Zeiten als wir noch jünger waren, ausreichend Geschirr zur Verfügung zu haben. Aber auch das hat ein Ende und ist absehbar.

Sprich, Waschmaschine, Spülmaschine, Mixer, Toaster, Staubsauger, Wischroboter und wie diese ganzen kleinen Helferlein sich alle so schimpfen. Und da haben wir noch nicht mal in die Garage geschaut oder in den Garten.

Es gab eine Zeit, in welcher wir reisend in einem adretten rollenden Häuschen unterwegs waren. Alt, aber bezahlt und das auch noch extremst gemütlich. Eines hatte jenes mobile Wohnheim allerdings nicht: automatisierten Luxus. Ihr fragt euch jetzt viellicht, wann der Hinweis mit der Ambivalenz kommt. Sprich jene, um die es in dieser Rubrik nun mal geht.

Ich verrat es euch (Anmerkung: Kinder schlafen – heute „leider“ keine Unterbrechungen, so dass ich hochkonzentriert an diesen Zeilen und wichtigen erleuchtenden Input arbeiten kann.)

Während der Zeit auf ca. 12qm Wohnfläche inkl. Kinder- bzw. Gästezimmer, Wohnküche, Flur, Eingangsbereich, Toilette, Dusche und Schlafzimmer sowie Garage (ich seh eure immer größer werdenden Augen förmlich vor meinem geistigen Auge!) hab ich eines am leibhaftigen Leibe erfahren dürfen: Handarbeit hat was.

Wenig Platz, wenig Stauraum und kurze Wege verschaffen dir nicht nur einen anderen Horizont sondern auch neue Erkenntnisse. Essen zubereiten mit wenig Arbeitsfläche macht ja schon erfinderisch, sorgt für strukturiertes Arbeit verteilen sowie auch schnelles Reinigen und Platz schaffen. Beim Essen und Genießen der 99,9% einfach nur köstlichen Mahlzeiten (korrekt: ich habe es nicht zubereitet!) ist auch noch alles chic. Doch dann: die Mini-Spülbecken brauchen gar nicht zu schreien, denn alles ist in Greif- und Sichtweite. Zumeist ist also nach dem Mittagessen Abwaschen angesagt. „Ja, kein Thema!“ sagt ihr vielleicht. Ich sag: „Haste recht. Erstmal Wasser heiß machen, dreckiges Geschirr vorbereiten und vorsortieren, weil ja bestenfalls nur einmal der riesige Topf mit Wasser erhitzt sein will!“. Tja, da wird es schon ruhiger in den verwöhnten Reihen!

Da, wo wir kurz zuvor noch fürstlich gespeist haben, ist nur ein Arsenal an Tüchern verteilt und die kleinen Zweibeiner hocken auf den sonst zu wahrenden Sitzflächen.

Wasser ist heiß, jetzt nur ca. 30% ins Spülbecken mit kalten Wasser auffüllen, nur dabei nicht zu viel sonst ist der erste Waschgang nicht so effektiv, wie gewünscht. Abtropfbecken füllt sich sekündlich und die ganze Mannschaft trocknet ab, fechtet diverse Kämpfe wer das größte Messer abtrocknen darf oder den schwersten Topf. Aber es dient ja einem guten Zweck, das Geschirr wird dabei über kurz oder lang trocken. Die ältesten männlichen Zweibeiner räumen dann schon ein, weil Platz!

Diesen Vorgang braucht es gar nicht weiter quälend weiter ins Detail auszudehnen. Eine Sache ist mir bei weiteren Dingen, wie früh ein paar warme Brötchen oder allein schon Kaffee machen, aufgefallen: Handarbeit ist unheimlich befriedigend. Wenn ich es nicht besser wüßte, würde ich Stein und Bein schwörend, dass das was mit unserem Gehirn und Synapsen, Nervenregionen und bewussten (weil händisches) Erleben zu tun hat. Ich kenne noch die Zeiten, als nach dem Essen Oma, Tochter und Enkeltochter den Abwasch gemacht haben und sich die Herren der Schöpfung zurückgezogen haben. Als Enkelin damals sicher weniger faszinierend als dass was es mir mit der Zeit durch eigenes Erleben klar gemacht hat: Wir haben Zeit zusammen verbracht. Und nicht nur dass, es war Zeit in der wir uns ausgetauscht haben. Die Oma konnte von Dingen erzählen, die doch sonst keiner mal nachfragt. Oma hatte genau so ihren Platz von der Zubereitung des Essens, des Speisens selbst bin hin eben zum Aufräumen, wie alle anderen auch. Da war Leben in der Bude. Meint ihr, dass würde beim gemeinsamen Einräumen des Geschirrspülers auch passieren? Da konnte die Enkelin noch ankommen und reklamieren, wenn Oma was übersehen hat beim Spülen!

Wir hatten auch ganz tolle Freunde, namens Wilhelm und Friedhelm. Beides waren unsere Besen. Friedhelm war die zweite Generation, als Wilhelm nicht mehr konnte. Es gibt für mich noch immer nichts befriedigenderes als „mal eben durchzukehren“. Ich für mich hab dafür meine sicher ganz eigene Wahrnehmung dazu. Dieses bewusste Säubern, das rauskehren des alten Staubs, des Vergangenen, das Aufkehren der gesammelten alten, verbrauchten, verstaubten Dinge und der Genuss, wenn das Auge über den gefühlt gereinigten Raum gleitet. An dieser Stelle könnte ich es glatt noch weiter treiben und darauf aufmerksam machen, dass es sogar einige gibt, die andere ihren alten Staub entfernen lassen, ihre eigenen Räume reinigen lassen. Hm….

Wenn ich in der Arbeit, in meinem Schaffensprozess manchmal festhänge oder gar nicht erst so richtig reinkomme, packt es mich manchmal und erschaffe mir erst die Struktur im Außen. Dazu gehört vor allem das Kehren mit dem Besen. Danach fühl ich mich selbst auch klarer und bin bereit mich auf das zu stürzen, was davor noch nicht so sichtbar war.

Meines Erachtens haben wir uns in unseren möglicherweise hoch entwickelten Gesellschaften um etwas gebracht, was uns wohl dieses so genannte„Zeit spart“, die wir ja aber nirgends anlegen können, geschweige denn noch Zinsen dafür bekommen. Es nimmt uns allerdings bei gleichzeitiger Verkürzung der Zeit, die wir für Hausarbeit „verplempern“ würden, das bewusste Gefühl etwas ge-schaffen zu haben. Gedacht war es ja wohl auch so, denn die Zeit, die wir ja jetzt zur Verfügung haben, ist ja für das „Schaffe, schaffe, Häusle baue!“ oder auch „Geld-scheffeln“ gedacht. Allerdings beruhen jene Dinge zumeist auf Einsen und Nullen, weniger auf etwas, was wir anfassen können. Jenes haptische Gefühl, was uns erleben lässt, was wir er-schaffen haben. Könnte das womöglich eine der Gründe sein, warum wir Menschen in diesen Zeiten häufig nicht wissen, wozu wir fähig sind, was in uns steckt, was wir erschaffen oder schaffen können?

Zeit hat eine Qualität und das ist nicht die Anzahl der Striche, die der Zeige weiter voran schreitet. Zeit hat die Qualität der Momente, der Erlebnisse, der Dinge, die wir in diesem Zeitraum erfahren haben, was uns berührt oder nachdenklich gemacht hat oder vielleicht sogar anderen Menschen näher gebracht hat. Lebens-Zeit-Qualität..vielleicht ist dieser Artikel nicht so ambivalent wie gedacht.  Er kann aber allemal dieser kleine Stein im Schuh sein, der beim nächsten Ein- und Ausräumen der Spülmaschine diese Zeilen in Erinnerung ruft.

Hand aufs Herz und genießt eure Zeit mit Hand-Arbeit oder gar Hand-Werk …
Ähm, ich hör auf. Das führt zu weit.

Bis Bald!
Herzlichst, Jana